Lesung aus meinem neuen Roman »Miquelallee«
In dem Literaturhaus Schleswig-Holstein in Kiel, wundervoll in der Nähe der Förde in einem kleinen Park gelegen, fand am Samstag, den 05. 04. ueine Lesung des Vereins Nordbuch e. V. zum Thema Herzensangelegenheit statt. Das Thema wurde vermutlich gewählt, um bei den in Kiel so häufig herrschenden kühlen, um nicht zu sagen: eisigen Temperaturen auf das Herz als einem überlebenswichtigen Energie-Wärmeproduzenten des menschlichen Organismus hinzuweisen. Es heizt dazu mit nicht-fossilen Brennstoffen, die nicht nur, aber überwiegend dem Bereich der Gefühle und der Literatur angehören.
Ich las eine Episode aus meinem im Juni bei Königshausen & Neumann erscheinenden Roman Miquelallee, die an der Hauptwache in Frankfurt spielt, dort wo mein Herz seit meiner Kindheit Wärme produziert. Also etwas für Frankfurt-Fans. Es geht darin um die Tochter, die zu am Tag vor Heiligabend zu Besuch in der Wohngemeinschaft ist, aber die Mutter hat keine Zeit und bittet die Freundin, die sich ausschließlich dem Philosophie-Studium widmet, etwas mit der Kleinen zu unternehmen.
Sie können diesen Ausschnitt im Folgenden selbst nachlesen. Vielleicht macht er ja Appetit auf das ganze Buch …
Hauptwache
„Sag mal, Ulli, du magst doch Kinder?“ Am späten Abend, als Doro endlich schlief, nahm Mona, sichtlich erschöpft, Ulli zur Seite. „Im Prinzip ja, sie sind, wie du weißt, nach Hegel die Mitte der Liebe, die meisten Kinder mag ich dennoch nicht, sie nerven mich. Sie sind süße kleine Zeiträuber“, gab Ulli wahrheitsgemäß von sich.
„Aber Doro magst du doch?“, hakte Mona nach. „Ja, die schon, sehr sogar!“ Ulli ahnte bereits, was Mona von ihr wollte. Die Freundin kam sofort zur Sache. „Sie mag dich auch, ihr könnt so gut miteinander. Kannst du was mit Doro unternehmen? Im Sommer hat euch beiden der Besuch im Zoo sooo viel Spaß gemacht!“ „Morgen geht es leider nicht, da habe ich noch Seminar“, entgegnete Ulli. Aus Monas Augen schossen scharfe Blicke wie lange dünne Nadeln aus blankem Stahl auf Ulli, die sich sofort getroffen fühlte und einlenkte. „Na gut, ich lass es sausen, für dich und für Doro. Mein Weihnachtsgeschenk. Aber zum Mithelfen beim Kochen habe ich dann no time.“ Mona war ein erleichtert: „Du bist ein Schatz! Nee, nee, Kochen, das machen wir schon, es soll ja nicht angebrannt oder versalzen schmecken.“
Am nächsten Morgen spielte Doro mit ihren Puppen Verstecken und suchte nach Mitspielern, da ihre Mutter die Wohnung schon vor einiger Zeit verlassen hatte. Draußen zog die Kälte an, der Schnee, der am Tag zuvor gefallen war, schien über Nacht vereist zu sein. Doch zum Schlittenfahren war die dünne Schneedecke noch nicht geeignet, obwohl sie so verführerisch auf den Wiesen im Grüneburgpark und im Palmengarten glitzerte. Ulli suchte für sich und Doro Winterklamotten zu sammen und half ihr, den dick gefütterten rosaroten Schneeanzug anzuziehen. Voller bunter Bommeln. Doro sah mit ihren großen braunen Augen und dem rötlich-blonden Lockenkopf so lieb aus, dass Ulli es nicht verhindern konnte, ihr viele Küsse auf die Wangen zu geben. Eingepackt mit Mütze, Schal und Handschuhen kam die Frage: „Wo fahren wir denn hin?“ „Doro, du weißt doch, ich habe kein Auto, im Sommer sind wir ja den ganzen Weg bis zum Zoo gelaufen. Jetzt schaffen wir es bestimmt bis zur Hauptwache. Dort wartet eine Überraschung auf dich! Ein dickes, fettes Schwein, das ganz süß schmeckt.“ „Und das essen wir auf?“ Ihr hoffnungsvolles Stimmchen begeisterte Ulli. „Nicht das ganze, nur ein paar Stückchen davon, oder glaubst du, du kannst ein ganzes Schwein aufessen?“ „Wenn es nicht wegläuft und ich ganz großen Hunger habe!“ „Deshalb müssen wir jetzt los, bevor es wegläuft. Also, ab durch die Mitte!“ Mit diesem Appell ihres Vaters begannen in Ullis Kindheit samstags wie sonntags die endlos langen Spaziergänge mit ihren Eltern, vom Vorder- in den Hintertaunus und wieder zurück. „Lesung aus meinem neuen Roman »Miquelallee«“ weiterlesen
Zeitenwende: Die Dringlichkeit einer neuen Sicherheitspolitik in Europa
Am 2. Juli diesen Jahres erschien ein Interview mit mir in der Onlinepublikation Nomos, das Einblick in Motivation und Beweggründe gibt, die zu meinem jüngsten Buch „Zeitenwende: Der Krieg gegen die Ukraine und eine Politik der Verantwortung in der Tradition Max Webers“ geführt haben. Hier finden Sie das Interview bei Nomos. Nachfolgend ungekürzt.
Ein Gespräch mit der Autorin Dr. Christiane Bender über die geopolitischen Herausforderungen und die ethische Verantwortung in der heutigen Zeit
„Zeitenwende: Die Dringlichkeit einer neuen Sicherheitspolitik in Europa“ weiterlesen
Neu erschienen: Zeitenwende
„Zeitenwende“ lautet der Schlüsselbegriff zum Verständnis der Gegenwart. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat zur Zerstörung der europäischen Friedensordnung geführt. Die lang gehegte Hoffnung ist erschüttert worden, zwischenstaatliche Konflikte nach dem Gebot des Völkerrechts ohne Gewaltanwendung durch Verhandlungen und Dialog beizulegen. Daraus resultieren Unsicherheiten und Risiken. Deutschland reagiert mit einer längst überfälligen Neuausrichtung seiner Sicherheitspolitik. Deren Ziel besteht darin, den Frieden und die Freiheit künftig besser zu schützen und wirksamer zu sichern. Mehr denn je wird daher in allen gesellschaftlichen Bereichen künftig ein Handeln im Sinne einer Ethik der Verantwortung erforderlich sein. Die vorliegende Studie stellt zeitgeschichtliche, soziologische, politikwissenschaftliche und ethische Analyse dazu bereit. Sie richtet sich an Lesende, die Lösungen für die mit der Zeitenwende zutage getretenen Probleme suchen.
Academia, 2024, 342 Seiten, broschiert – ISBN 978-3-98572-073-6
„Nachgeholte Weisheit“ – Rezension von Frank Decker (F.A.Z. v. 20.08.2024)
Peace, War and International Ordering
Vom 13. bis zum 18. Mai fand im Inter-University Centre (IUC) Dubrovnik die Vortragsreihe „Peace, War and International Ordering“ (Social Philosophy) statt. Leitung: Dragica Vujadinovic; David Rasmussen; Patrice Canivez; Hauke Brunkhorst
Lesen Sie im Folgenden Auszüge aus meinem Vortrag:
New Realities of Power without a New World Order?
Vor zwei Jahren wies ich in meinen Ausführungen auf die Bedeutung der vielfältigen, von der Sowjetunion und dann von ihrer Rechtsnachfolgerin, der Russischen Föderation, unterzeichneten Regelwerke hin (die Magna Charta der UN, die Charta von Paris als Schlussdokument der KSZE, der NATO-Russland-Grundakte etc.). Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dann des Kalten Kriegs bildeten sie die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben und für partnerschaftliches Kooperieren. Sie zeigten zudem Wege auf, die erreichte Ordnung sukzessive zu verbessern. Die Einhaltung des Gebots der Achtung der staatlichen Integrität und Souveränität sowie des Verbots der Androhung oder gar Anwendung von Gewalt war und ist für diese Friedensordnung in Europa und weltweit essenziell. In diesem Kontext der Völkerverständigung entstanden vielfältige Institutionen mit Gesprächsforen (u. a. die OSZE, der Europarat), die sich der Aufgabe widmeten, ehemalige Kontrahenten zusammenzuführen und Verhandlungslösungen für neu entstandene Konflikte zu generieren. „Peace, War and International Ordering“ weiterlesen
„Der Preis der Zeitenwende“
Leserbrief zu „Der Preis der Zeitenwende“ (FAZ vom 28. 02. 2024, S. N 4)
Nach langer Zeit hat die Bundewehr einen charismatischen Verteidigungsminister, der die Aufgaben der Bündnis- und Landeverteidigung ins Zentrum seiner Amtsführung stellt. In seinen Reden überzeugt er durch beschönigungsfreie Realitätsbeschreibungen. Das sind wesentliche Voraussetzungen, um die Studierenden an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg zu begeistern und deren Sinnkrise, wie ich sie in 18 Dienstjahren (2001-2019) erlebte, zu überwinden. Zweifellos ist die Herausforderung groß, innerhalb einer überwölbenden und teilweise selbstbezüglich funktionierenden Bürokratie die Studiengänge für Offiziere nach dem universitären Maßstab der Freiheit von Forschung und Lehre auszurichten. Aber wenn der ideologische Mehltau verschwunden ist, der auf der Bundeswehr und vielen ihrer Einrichtungen lastete – das ist auch eine Generationsfrage -, dann setzt sich ein neues Selbstverständnis durch, das die Beschäftigung mit Krieg und Krisen, Wehrfähigkeit und Sicherheit für geboten anerkennt und darin nicht empört einen Beweis für die Militarisierung der Gesellschaft sieht. „„Der Preis der Zeitenwende““ weiterlesen
Expertin kritisiert die Politik: „Im Bundestag fehlen Pragmatiker“
Von: Clemens Dörrenberg
Der Bundestag agiert abgehoben und fern der Lebensrealität, kritisiert die Soziologin Christiane Bender – und hat eine Idee, wie es besser gehen könnte.
Im Deutschen Bundestag sitzen 20 Abgeordnete mit Hauptschulabschluss. Dagegen leben in der Bundesrepublik mehr als 20 Millionen Menschen, die ebenfalls über einen Hauptschulabschluss verfügen. Das sind quasi ein Drittel der Wahlberechtigten. Die Soziologin Christiane Bender spricht im Interview über dieses Ungleichgewicht in Deutschlands höchstem Parlament, über eine verlorengegangene Verankerung der Politik in der Gesellschaft und damit verbundene Gefahren für die Demokratie. Einen Vorschlag, um dieses Problem zu beheben, hat sie auch. „“ weiterlesen
Trauer um den Politikwissenschaftler Gianfranco Poggi (1934–2023)
Gianfranco Poggi widmete sein akademisches Leben den Texten der klassischen Soziologie (Durkheim, Weber, Parson, Popitz). Er forschte über „power“. Seine persönliche power war seine Freundlichkeit, sein Wohlwollen gegenüber anderen Menschen und damit verbunden seine große Hilfsbereitschaft und – last, but not least – sein Humor.
„Ständig lückenhafte Vertretung“

Der Artikel von Clemens Dörrenberg „Ständig lückenhafte Vertretung“ ist in der taz am 14.07. 2023 (Jahrestag der Französischen Revolution) erschienen. Der Hinweis, den ich seit vielen Jahren gebe, dass die Parteien ihren Kontakt mit den Menschen an der Basis unserer Gesellschaft verlieren, wird hier an der Repräsentations-Lücke in Bundestag diskutiert und von mir kommentiert.
Lesen Sie hier den ganzen Artikel ls PDF.